Newsletter Nr. 3 - Mai / Juni 2020
 
 

Liebe Mitglieder, liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Interessierte an Themen aus der Grundschule,

hätten Sie gedacht, dass das Thema „Schule“ in allen Kreisen unserer Gesellschaft einmal in dieser Intensität Aufmerksamkeit gewinnen könnte? Mit dem Motto unseres Bundesgrundschulkongresses 2019 „Kinder – Lernen – Zukunft“ ist dem Grundschulverband tatsächlich eine „Punktlandung“ geglückt.

Genau diese Inhalte sind derzeit in allen Kollegien, in allen Landesgruppen und auch in der Bundesvorstandschaft im Blick.

Wie können wir unsere Kinder wieder in die Schule zurückholen, ohne sie und die Erwachsenen zu gefährden? Was können und müssen wir tun, um unsere Kinder, insbesondere diejenigen, die ohne Schule ganz auf sich gestellt sind, nicht zu verlieren? Noch nie wurde so deutlich, dass wir von einer Bildungsgerechtigkeit weit entfernt sind und uns derzeit immer weiter davon entfernen.

Wie findet sinnvolles Lernen statt in Zeiten von „Präsenzunterricht und Lernen zu Hause“? Sind digitale Medien in den Elternhäusern bereits die Garantie für „sinnvolles Lernen“? Noch nie haben Lehrkräfte ihr „Verständnis von Lernen und von sinnvoller Aufgabenstellung“ so öffentlich gemacht wie in den letzten Wochen und Monaten. Und wenn wir es auch seit langem gewohnt sind, dass Schule und damit deren Lehrkräfte von der Öffentlichkeit nicht immer mit Wertschätzung beachtet werden, so erleben wir derzeit oft eine regelrechte „Lehrerschelte“. Schulen werden verantwortlich dafür gemacht, dass digitale Medien nicht wie selbstverständlich vorhanden sind und kompetent sowohl von Lehrkräften selbst als auch von Schülerinnen und Schülern und natürlich deren Eltern genutzt werden. Es hat den Anschein, als ob jede Schule einfach digitale Medien hätte einkaufen und den gesamten Unterricht mit allen Unterstützungsangeboten online hätte stellen können. Wenn das der Fall wäre, würde über Lehrermangel gar nicht diskutiert, denn dann würde dieser Unterricht ohne Lehrkräfte „online“ längst stattfinden, unbeachtet dessen Qualität.

Wie sieht die Grundschule der Zukunft aus? Wird sie zurückkehren zum System „Schule vor Corona“? Wäre das überhaupt wünschenswert oder liegen in dieser Krise derzeit auch Chancen, die genutzt werden wollen und für die es uns und viele mehr auch als Mitglieder des GSV dringend braucht? Wird es neben Präsenzunterricht in Zukunft immer mehr „Lernen zu Hause“ geben? Werden wir dadurch evtl. auch Kindern ermöglichen, sich als Teil einer Klasse zu fühlen, wenn sie nicht immer selbst „präsent“ sein können?

Wird sich die derzeitige Teamarbeit von  Lehrkräften vor allem in Grundschulen mit Unterstützung von außen fortsetzen oder werden wir durch digitale Möglichkeiten wieder zurückfallen in ein Lernen des letzten Jahrhunderts, in dem Kinder Aufgaben abarbeiten um anschließend Fremdlösungen zu erhalten, die sie mit ihrer eigenen Arbeit vergleichen sollen und zu „vereinsamten Lernern“ werden? Werden Lehrkräfte weiterhin den Mut haben zu den derzeit vielfältig erkennbaren kreativen Möglichkeiten, Kindern ein Lernen zu ermöglichen und dabei intensiv mit dem Elternhaus zusammen zu arbeiten? Wird endlich auf allen Ebenen erkannt werden, dass im Mittelpunkt der Lernprozess der Kinder steht und nicht deren Leistungsprodukte, die sich in Ziffernnoten festschreiben lassen müssen?

Werden wir Lehrkräfte alle zusammen in der Zukunft den Mut und die Energie haben, die Rahmenbedingungen für „guten Unterricht“ so einzufordern, wie wir sie für unsere Schülerinnen und Schüler aber auch für uns selbst brauchen?

Diese Gedanken bewegen uns in einer Zeit, in der wir innerhalb der Delegiertenversammlung im Mai einen neuen Bundesvorstand hätten wählen wollen. Wir haben in den letzten Wochen intensiv so viele Gelegenheiten wie möglich genutzt, um in dieser „Krisenzeit“ mitzureden. Und unser Verband wurde gehört. So war unsere Bundesvorsitzende Maresi Lassek eingeladen zum „Bildungsgipfel für Kitas und Grundschulen“, der von der Partei Bündnis90/Die Grünen ausgerichtet wurde und war damit auch an der Pressekonferenz beteiligt. https://www.youtube.com/watch?v=GAQZO685grs

In diesen Zeiten werden Konjunkturpakete von der Politik beschlossen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Genau hier möchten wir ansetzen, Schulhausbauten in den Blick zu nehmen. Kinder benötigen „Häuser zum Lernen und um Gemeinschaft zu erleben“, und dies kann nicht allein in Elternhäusern erfolgen. Aus diesem Grund unterstützen wir das „Konjunkturprogramm Schulbau: Für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes“ der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft. Das Eckpunktepapier vom 25.06.2020 können Sie auf unserer Bundeshomepage unter Aktuelles nachlesen. 

In den letzten Wochen haben wir sowohl im Bundesvorstand als auch in den Landesgruppen und auch unsere Fachreferentinnen und Fachreferenten eine Fülle von Anfragen, Berichten oder auch Sorgen von Eltern und Lehrkräften erfahren. Immer wieder wurde darin bestätigt, unsere pädagogische Arbeit und das Ringen um die Möglichkeiten hierzu beizubehalten. Eltern haben erfahren, wie wichtig Lehrkräfte in der realen Begegnung mit Kindern sind und auch, dass es für erfolgreiche Lernanregungen und deren Begleitung mehr bedarf, als einer Seite in einem Buch oder der Zusendung eines Arbeitsblattes. Viele Familien haben erfahren, dass Grundschullehrkräfte vielfältige kreative Möglichkeiten finden, zu „ihren Kindern Kontakt zu halten“, ihnen „Lernen in der Schule und zu Hause“ zu ermöglichen aber auch sie „emotional zu stützen und zu ermutigen“ in einer Zeit, die ihnen selbst erstmals neu begegnet.

Wir alle haben überlegt, wie kann es weitergehen? Wann, wo und in welcher Form können wir uns sprechen und sehen? In einer Videovorstandssitzung haben wir beschlossen, dass die im Mai entfallende Delegiertenversammlung mit der Wahl des Bundesvorstandes auf den 4. September bis 5. September verschoben wird und in Göttingen im Best-Western-Hotel stattfinden soll. Dieser Wechsel des Hotels ist nötig, um entsprechend „Abstand einhalten zu können“. Wir hoffen sehr darauf, dass wir möglichst vollzählig die Delegiertenversammlung, die Verabschiedung des Bundesvorstands und die Neuwahl des neuen Bundesvorstandes durchführen können.

Wir überlegen in den Landesgruppen, wie wir unsere geplanten Tagungen zu den Forderungen aus dem Bundesgrundschulkongress2019  im Herbst 2020 durchführen können und in welcher Form dies möglich sein wird.

Praxiseinblicke auf dem Deutschen Schulportal
Auch das deutsche Schulportal sucht nach neuen Wegen in der Schule:
Gesucht: Schulen, die in der Krise neue Wege gehen
Dieses Jahr ist alles anders. Die Robert Bosch Stiftung und die Heidehof Stiftung reagieren auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie und schreiben den Deutschen Schulpreis 20|21 Spezial aus. Gesucht werden Schulen, die in den letzten Monaten Ideen entwickelt und erprobt haben, die das Lernen und Lehren nachhaltig verändern können. Das Verfahren wurde stark vereinfacht. Erstmals können in diesem Jahr auch Schulen empfohlen werden. Jetzt mitmachen: https://www.deutscher-schulpreis.de/bewerbung

Wie gehen Schulen mit der Corona-Krise um? Das Deutsche Schulportal hat bei Bildungsbehörden, Schulleitungen und Experten aus der Wissenschaft nachgefragt. Alle Beiträge gibt es im Dossier zur Corona-Krise. Was es braucht, um die Erfahrungen aus den vergangenen Wochen für die Schulentwicklung zu nutzen, erklärt Maja Dammann im Interview

Die ersten Bundesländer stehen vor den Sommerferien und niemand kann wissen, wie es in den Schulen weitergehen kann im nächsten Schuljahr. Wird die vollständige Wiederaufnahme des Unterrichts dazu führen, dass Schulen wieder geschlossen werden? Werden im kommenden Schuljahr alle Schulen zunächst mit der Wiederaufnahme des Unterrichts beginnen und wenn ja, unter welchen Bedingungen?

Wir wünschen Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie das so herausfordernde Schuljahr gemeinsam mit Ihren Schülerinnen und Schülern, ihren Kolleginnen und Kollegen gut zu Ende bringen können. Wir hoffen, dass Sie sich in der „unterrichtsfreien Zeit“ der Ferien gut erholen und für die Zukunft weiterhin gemeinsam mit uns allen im Verband unserem Motto verbunden bleiben "KINDER – LERNEN –ZUKUNFT"

Im Namen des Bundesvorstands
Gabriele Klenk