Keine Quote für Herkunft – Für eine Schule der Vielfalt und Gerechtigkeit!

Veröffentlicht am 07.07.2025

Pressemitteilung des Grundschulverbands e.V.

Keine Quote für Herkunft – Für eine Schule der Vielfalt und Gerechtigkeit!

Der Grundschulverband lehnt den Vorschlag von Bildungsministerin Karin Prien ab, eine Obergrenze für Kinder mit Migrationshintergrund an Schulen einzuführen. Diese „Migrant:innenquote“ wird aus pädagogischer und gesellschaftspolitischer Sicht entschieden zurückgewiesen.

Der Vorstand des Grundschulverbands betont: „Der Vorschlag ignoriert die Realität der schulischen Vielfalt und gefährdet die Grundprinzipien von Chancengleichheit, Inklusion und Demokratiebildung.“ Wir stehen einer Politik offen gegenüber, die sich mit kritischen Themen im deutschen Bildungssystem auseinandersetzt, jedoch muss dies mit Achtsamkeit und Respekt und im Einklang mit den Werten unserer demokratischen Grundordnung geschehen.

Der Grundschulverband fordert:

  1. Die Grundschule soll ein Ort der Begegnung, des Lernens und der Gemeinschaft sein und bleiben, der allen unabhängig von Herkunft, Sprache und Religion offensteht.
  2. Die Grundschule soll ein Ort sein, der Kindern die Werte des gesellschaftlichen Zusammenlebens vermittelt.
  3. Die Grundschule soll ein Ort sein, an dem jedes Kind in seiner Individualität geschätzt wird, die gleichen Lern- und Entwicklungschancen erhält und sich frei entfalten kann.
  4. Die Grundschule soll ein sicherer Ort sein, an dem Toleranz, Respekt voreinander und der Schutz vor Diskriminierung gelebt werden.
  5. Jede Form von Diskriminierung und Ausgrenzung in der Grundschule wird abgelehnt. Die Verpflichtung für ein demokratisches, gerechtes, inklusives Bildungssystem ist endlich einzulösen.

Eine Schule, die diese Anforderungen erfüllt, stärkt unsere demokratische Gesellschaft durch Bildung, Teilhabe und Zusammenhalt. Die Bildungspolitik muss die soziale Realität aller Kinder ernst nehmen und gezielt auf Chancengleichheit hinwirken, anstatt zu etikettieren und damit zu diskriminieren.

Der Grundschulverband setzt sich für eine Schule ein, die jedes Kind als Bereicherung sieht – und nicht als „Problemanteil“ in einer Quote.

Kinder sind keine Quoten – Kinder haben Rechte

Der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund ist kein Indikator für ihre Lernfähigkeit, Bildungsbereitschaft oder soziale Kompetenz. Eine Obergrenze suggeriert Defizite und verstärkt diskriminierende Sichtweisen, anstatt Bildungseinrichtungen zu ermutigen, professionell mit Diversität umzugehen. Schulen sollten Orte sein, an denen jedes Kind – unabhängig von Herkunft, Sprache oder Religion – die gleichen Lern- und Entwicklungschancen erhält.

Unterstützung statt Selektion

Statt Quoten fordert der Grundschulverband Investitionen in die personelle Ausstattung, sprachliche Bildung und soziale und individuelle Förderung an Schulen. Dazu gehören multiprofessionelle Teams, angemessene Lehrkräfteversorgung, Fortbildungen zur inter/transkulturellen und diskriminierungskritischen Bildung sowie kleinere Lerngruppen in belasteten Sozialräumen. Die Verantwortung für gelingende Bildung darf nicht auf die Zusammensetzung der Schüler:innenschaft abgewälzt werden.

Gesellschaftliche Vielfalt als Bildungsauftrag

Die Schule spiegelt unsere Gesellschaft wider und ist ein Ort, an dem Zusammenleben gelernt wird. Herkunftsbasierte Quoten gefährden das demokratische Fundament unseres Bildungssystems. Sie widersprechen dem verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbot und delegitimieren das Engagement vieler Schulen, die täglich erfolgreich mit heterogenen Lerngruppen arbeiten. 

Der Grundschulverband setzt sich für die Rechte aller Kinder ein und unterstützt eine Schule, die jedem Kind unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion oder sozialen Bedingungen offensteht. Als gemeinsame Schule für alle trägt die Grundschule eine besondere Verantwortung, Vielfalt wertzuschätzen, Akzeptanz zu fördern und Chancengleichheit zu gewährleisten. Der Schutz der Kinderrechte und das Eintreten für eine gleichberechtigte Teilhabe an Bildung gehören dabei zu den zentralen Anliegen des Grundschulverbands. Unterstützen auch Sie diese Position!

Hintergrund unserer Position

Die Einführung einer festen Obergrenze von 30 % für Schüler:innen mit Migrationshintergrund pro Schule würde erhebliche rechtliche, organisatorische und gesellschaftliche Konsequenzen mit sich bringen: 

Praktische Umsetzung: Die Einführung einer 30 %-Quote für Schüler:innen mit Migrationshintergrund wäre in vielen Regionen Deutschlands praktisch kaum umsetzbar. In Städten wie Berlin und München liegt der Anteil dieser Schüler:innen bereits bei 50 % oder mehr; in einigen Grundschulen beträgt er sogar 80 bis 90 %. Eine künstliche Begrenzung würde dazu führen, dass viele Kinder mit Migrationshintergrund keinen wohnortnahen Schulplatz mehr erhalten könnten. Dies könnte zu einer verstärkten Segregation und gesellschaftlichen Spaltung führen.[7][2][6]

Rechtliche Bedenken: Eine solche Quote ist rechtlich umstritten, da das Grundgesetz in Artikel 3 ein Diskriminierungsverbot aufgrund von Herkunft, Sprache oder Abstammung vorsieht. Jurist:innen weisen darauf hin, dass eine starre Quote mit der allgemeinen Schulpflicht kollidieren könnte, da alle Kinder einen Anspruch auf einen wohnortnahen Schulplatz haben. In Städten mit hohem Migrantenanteil wäre die Umsetzung kaum möglich, da Kinder weite Wege zu anderen Schulen auf sich nehmen müssten. [1][2]

Pädagogische Perspektiven: Bildungsexpert:innen argumentieren, dass Integrationsarbeit in Klassen nur bis zu einem Anteil von etwa 30 % Schüler:innen mit Migrationshintergrund geleistet werden kann. Steigt dieser Anteil, sinkt die Integrationsleistung. Studien zeigen, dass nicht der Migrantenanteil, sondern die soziale Herkunft und Sprachkenntnisse entscheidend für den Bildungserfolg sind. [4][2]

Politische Kontroversen: Bundesbildungsministerin Karin Prien hält eine Obergrenze für Kinder mit Migrationshintergrund für „denkbar“ und verweist auf internationale Erfahrungen, insbesondere aus Dänemark. In Dänemark gibt es jedoch keine feste Obergrenze, sondern es wurden verpflichtende Sprachtests und gezielte Fördermaßnahmen für Kinder aus Brennpunktvierteln eingeführt. Prien betont die Notwendigkeit ausreichender Deutschkenntnisse beim Schuleintritt und setzt sich für frühzeitige Sprachtests sowie verpflichtende Sprachförderung ein. Zahlreiche Bildungsexpert:innen und Lehrerverbände unterstreichen die Dringlichkeit, mehr Ressourcen und gezielte Förderungen bereitzustellen, um allen Kindern faire Bildungschancen zu gewährleisten. [5][2]

  1. https://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-07/karin-prien-bildungsministerin-obergrenze-kinder-mirationshintergrund  
  2. https://www.welt.de/politik/deutschland/article256346588/quoten-fuer-migranten-grundlegend-falsch-populistische-plattituede-harte-kritik-und-nur-wenig-rueckhalt-fuer-prien.html    
  3. https://www.news4teachers.de/2023/12/bildungsminister-schulen-koennen-nur-30-prozent-migrantenanteil-pro-klasse-stemmen/
  4. https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/schaden-fluechtlinge-wirklich-deutschen-schuelern-a-1057919.html
  5. https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/prien-vorschlag-schulklassen-migration-100.html  
  6. https://www.news4teachers.de/2025/07/trotz-grundgesetz-bildungsministerin-offen-fuer-migrationsdeckel-an-schulen/
  7. https://www.news4teachers.de/2025/03/fast-die-haelfte-der-schuelerschaft-hat-eine-migrationsgeschichte-gew-fordert-konsequenzen-fuer-schulen/

Ansprechpartnerinnen:
Vorstand des Grundschulverbandes
Marion Gutzmann (BB), Prof. Dr. Eva Franz (RP), Andrea Karlsberg (HH), Svenja Telle (NI), Konstanze von Unold (BY), Maxi Brautmeier-Ulrich (NRW)
Mail: eva.franz@grundschulverband.de
marion.gutzmann@grundschulverband.de

Internet: www.grundschulverband.de

Für weitere Informationen und Interviews wenden Sie sich bitte an den Grundschulverband.