
Eine für Alle
Zur Vorstellung unseres Bündnisses bedarf es eines kleinen Rückblicks in die Entstehungsgeschichte:
Ende der 90er Jahre entstand die Initiative „Länger gemeinsam lernen“ in der Zusammenarbeit von GSV, GGG, GEW und vielen weiteren Organisationen/Gruppierungen der Pädagogen-Eltern-Kinder-NGOs (insgesamt 18) mit der gemeinsamen Grundsatzposition, dass unser Schulsystem in einem demokratischen und am humanistischen Menschenbild orientierten Deutschland ein positives Verhältnis zu Heterogenität entwickeln und vermitteln muss. Heterogenität, also Unterschiedlichkeit in Interessen und Fähigkeiten, Wissen und Können, Herkunft, persönlichen und sozialen Voraussetzungen der Menschen ist Charakteristikum einer jeden Gesellschaft. Schule hat sich deshalb die Aufgabe zu stellen, den Umgang mit dieser Heterogenität zu lehren, zu praktizieren und als Chance zu nutzen, indem alle Kinder und Jugendlichen in gleicher Wertschätzung mit- und voneinander lernen.
Das gegliederte deutsche Schulwesen kann dieser Aufgabe nicht gerecht werden, weil es die Heterogenität „herausorganisiert“ und die Unterschiedlichkeit mit auf- und abwertender Wertschätzung in verschiedenen „Oberschulen“ etikettiert und ein umfangreiches „Förderschul“-System erhält, durch das Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen von der breiten, gemeinsamen Allgemeinbildung ausgeschlossen werden. Die Integrations-Inklusionsbewegung trat dem ab Mitte der 70er Jahre entgegen mit der Gründung der ersten „integrativen“ Grundschulen in (West-)Berlin. Diese Bewegung war eine wesentliche Wurzel der Initiative „Länger gemeinsam Lernen“.
Erforderlich ist also eine gemeinsame Schule für alle für die Dauer der Pflichtschulzeit, innerhalb derer im Mit-und-voneinander-lernen sowie durch vielfältige Formen von Differenzierung sowohl individuelle als auch soziale Potenziale entwickelt und gefördert werden. Die 2006 verabschiedete UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), vom Dt. Bundestag 2009 ratifiziert, fordert dementsprechend die Teilhabe auch aller Kinder und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen an der allgemeinen Schule. Viele Länder der Welt liefern bereits entsprechende überzeugende Schul-Vorbilder.
Auch in Deutschland gibt es inzwischen eine Anzahl dieser reformorientierten inklusiven Langformschulen, wissenschaftlich begleitet und bereits vielfach ausgezeichnet mit Schulpreisen. Dennoch verhindern die bildungspolitischen Entscheidungsträger immer wieder die Umwandlung unseres Schulsystems nach diesen Vorbildern.
Von der Initiative zum Bündnis: Die Organisation der 18 Mitglieder der Initiative erwies sich im Laufe der Jahre als zunehmend schwierig bei der gemeinsamen Planung und Durchführung von Aktivitäten - eine allgemeine Erfahrung in solch umfangreichen Initiativen; die Bewegung drohte zu versanden. Eine Gruppe aktiver Mitglieder aus dem NRW-Bündnis „Eine für alle“, GSV, GGG, GEW, AHS und PogA organisierten deshalb 2016 einen bundesweiten 2-tägigen Kongress an der Uni Frankfurt /M. mit internationalen Referent*innen zum Anspruch der Transformation des deutschen Schulsystems in ein demokratisches, nicht auslesendes. Hauptredner war Prof. Dr. Vernor Munoz, der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für das Menschenrecht auf Bildung. Mit diesem Kongress wurde durch die 6 Veranstalter das Bündnis „Eine für alle – die inklusive Schule für die Demokratie“ gegründet mit der Selbstverpflichtung, „an der Überwindung des gegliederten Schulwesens mitzuarbeiten und dafür gesellschaftliche Mehrheiten zu gewinnen“.
Das Bündnis arbeitet seitdem stabil in einer 8-köpfige Arbeitsgruppe mit bisher folgenden Auftritten:
- Veröffentlichung einer Schriftenreihe in unregelmäßigen Abständen (s. Abb.) mit jeweils einem Heft-Schwerpunkt zu einem inklusionsrelevanten Problem. Heft 1 veröffentlichte V. Munoz‘ Kongressrede sowie die Gründungserklärung des Bündnisses.
- Interaktive Theaterperformance 2021 „100 Jahre Schulreform in Deutschland – wie geht’s weiter?“ mit dem Legislativen Theater Berlin (wegen Corona digital angeboten).
- Zwei Experten-Kolloquien zur Transformation des Dt. Schulsystems (2015 und 2019).
- Pressemitteilungen und Stellungnahmen zu inklusionsrelevanten bildungspolitischen Entwicklungen, z.B. den Empfehlungen des UN-Fachausschusses zur Umsetzung der UN-BRK.
- Unterstützung der durch Initiative von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geforderten Enquête-Kommission des Dt. Bundestag zur endlichen Umsetzung der 2009 (!) für Deutschland ratifizierten UN-BRK.
- Planung einer bundesweiten Veranstaltung 2026.
Kontaktadresse für den GSV:
Ulla Widmer-Rockstroh, Berlin
