Pressemitteilung des Grundschulverbandes zum Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD in Schleswig-Holstein
Der Grundschulverband kritisiert das Festhalten der schleswig-holsteinischen Regierungskoalition am gegliederten Schulwesen als pädagogisch und bildungspolitisch grundsätzlich falsche Weichenstellung.

Die SPD Schleswig-Holsteins wollte vor der Wahl die schrittweise Einführung einer ?Gemeinschaftsschule?. ?Alle Bildungseinrichtungen sollen individuell fördern und Chancengleichheit bieten!? heißt es in ihrem am 22. Juni 2004 beschlossenen ?Regierungsprogramm 2005-2010?. Durch Öffnen und Zusammenwachsen der Schularten sollte das regionale Schulangebot gesichert und längeres gemeinsames Lernen ermöglicht werden. ?Eine Schule für alle? statt des gegliederten Schulsystems war das Ziel dieses zukunfts-
orientierten Schulentwicklungsprogramms. Die SPD schien aus PISA gelernt zu haben.

Davon ist nach der Wahl im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD vom
16. April 2005 leider nichts mehr erkennbar. Bestehende Gesamtschulen sollen sich nun zwar ?schrittweise zu Gemeinschaftsschulen entwickeln? – was immer das heißt! – aber grundsätzlich bleibt es beim gegliederten Schulwesen. Auch künftig sollen die Kinder nach Klasse 4 in verschiedenwertige Schulen sortiert werden. Auch künftig sollen schon den 10jährigen unterschiedliche Lebenschancen zugewiesen und ein Teil von ihnen von vornherein ins Abseits gedrängt werden. Wir wissen aus jahrzehntelangen Erfahrungen: Beim Nebeneinander von Gesamt- oder ?Gemeinschaftsschulen? und gegliedertem Schulwesen bleiben auch die Gemeinschaftsschulen/ Gesamtschulen Teil des gegliederten Schulwesens mit seinen vielfältig empirisch belegten negativen Auswirkungen.

Der Grundschulverband kritisiert diese Absicht der Regierungsparteien CDU und SPD als rückwärtsgewandt. Das gegliederte deutsche Schulsystem – ein Überbleibsel des Ständestaates vergangener Jahrhunderte – wird den heutigen Anforderungen an Bildungseinrichtungen einer demokratisch verfassten Gesellschaft nicht gerecht. Das gegliederte Schulwesen vergeudet Potenziale und bewirkt in hohem Maße eine schichtspezifische Auslese; beim Festhalten am gegliederten Schulwesen geht es, wie der Bildungsforscher Klaus Klemm es formuliert, ?nicht zuletzt um die Verteidigung von Privilegien.?

Frankfurt/Main, 4. Mai 2005

Horst Bartnitzky
(Vorsitzender)

Peter Heyer
(Fachreferat „Länger gemeinsam lernen“)

Sybille Pahlke
(Vorsitzende der LG S.-Holstein)